Laura Schoch
kommit mit ihrer Ausstellung in die Alte Kaserne.
Das kantonale Hochbauamt hat die Bezirksanlage Winterthur modernisiert und erweitert. Entstanden ist ein Gefängnis mit viel Glas und ohne Gitter.
Einweihung An der Lindstrasse 14 ist neben dem bestehenden Bau ein neues Gefängnis entstanden. Als sich die Glastür ins Innere des Neubaus öffnet, fällt als Erstes auf, dass es nach Zwiebeln riecht. Was es damit auf sich hat, wird beim Medienrundgang noch geklärt werden. Als Zweites macht sich bemerkbar, dass der Bau hell gestaltet ist und trotz Zweckmässigkeit Raum zum Atmen lässt.
Oliver Tschuppert vom kantonalen Hochbauamt und Vertreter der Bauherrschaft nimmt die Gäste in Empfang. «Bitte alle das Natel auf Flugmodus einstellen, denn sonst geht ein Alarm los», lautet seine Instruktion. Zuerst führt er in die Passerelle im ersten Obergeschoss. «Hier wurde viel Glas verwendet, das Gebäude wirkt dadurch sehr hell», zeigt Tschuppert und macht auf das Kunst-und Bau-Objekt von Pedro Wirz aufmerksam.
Die Bezirksanlage Winterthur umfasst die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland, die Regionalabteilung Winterthur/Weinland der Kantonspolizei Zürich, das Gefängnis Winterthur, die Jugendanwaltschaft Winterthur sowie das benachbarte Bezirksgericht Winterthur. Mit dem Umbau und der Erweiterung ist laut Baudirektion Kanton Zürich ein modernes regionales Zentrum für die Strafverfolgung in der zweitgrössten Region des Kantons Zürich entstanden.
Im bestehenden Bau befindet sich im ersten Obergeschoss die Kantonspolizei mit dem Forensischen Institut. Der Altbau aus dem Jahr 1964 wurde komplett instandgesetzt. «Die gesamte Erschliessung der Technik erfolgt vom Neubau aus», sagt Tschuppert. «Dabei galt es, komplexe Sicherheitsanforderungen zu beachten.»
Jugend- und Staatsanwaltschaft sind im Westteil des bestehenden Baus sowie im Neubau organisiert. Die Jugendanwaltschaft, die 2011 aus Platzgründen ausgelagert wurde, ist dank der Erweiterung wieder in die Bezirksanlage integriert.
Beim Bau kommt laut Tschuppert ein umfassendes Energiekonzept mit Wärme aus Grundwasser, Fernwärme, Fotovoltaik und Solarenergie zum Tragen. Die Anzahl der Haftplätze wurde laut Tschuppert von 48 auf 92 erhöht. Zusätzlich stehen neu 9 Plätze für die vorläufige Festnahme zur Verfügung. Die räumliche Orientierung der Zellen geht nach innen in den Hof. «Es ist kein Gefängnis mit Gittern, dafür mit viel Glas, dort wo Leute wohnen, geht der Blick in den Innenhof, dort wo Arbeit und Verpflegung stattfinden, auf die Stadt.»
Der Gefängnistrakt ist ein reines Männergefängnis.
Eine Schleuse führt in den Gefängnistrakt. Nun übernimmt der Stellvertretende Gefängnisleiter Urs Käser vom Gefängnis Winterthur die Besuchergruppe. «Für die Untersuchungshaft gilt neu das Normalisierungsprinzip.» Die Zellen sind am 8. April 2024 eingeweiht worden und mittlerweile komplett besetzt. «Neu gibt es überwachte Insassen-Telefonie, welche von der zuständigen Behörde bewilligt werden muss (Natels bleiben verboten) und einen Mehrzweckraum zum Essen auf den Abteilungen.» Ein Kühlschrank mit abschliessbaren Fächern ermöglicht den Insassen, Lebensmittel zu kühlen.
«Unsere Philosophie lautet: Die Insassen sollen aufstehen und arbeiten, sei es für die Wäscherei, in einer Werkstatt oder in der Zwiebelrüsterei», so Käser. Dies erklärt den erwähnten Zwiebelgeruch. Die gerüsteten Zwiebeln werden in die Gastronomie verkauft.
«Auch im Neubau gibt es immer noch Doppelzellen», sagt Käser. «Gefangene dürfen wählen, ob sie lieber in Einer- oder Zweierzellen untergebracht werden wollen.» Jede Zelle beinhalte ein WC. Neu verfügt das Gefängnis über vier rollstuhlgängige Zellen. «Der Fernseher kostet einen Franken pro Tag. In der Untersuchungshaft gibt es keine Arbeitspflicht. Wer kein Geld hat, dem wird der Fernseher entzogen, er erhält jedoch ein Radio.
«Auch die Insassen sind Teil der Gesellschaft», sagt die Architektin Sarah Miebach von Miebach Oberholzer Architekten GmbH. «Die Arbeits- und Mehrzweckräume mit Blick auf die Stadt symbolisieren dies.»
Der Architekt Michael Künzle von Gunz & Künzle sagt: «Die Bezirksanlage ist kein Haus, das Träume erfüllt, trotzdem kann Architektur einen Mehrwert bieten.»
Regierungsrätin Jacqueline Fehr, Vorsteherin der Direktion der Justiz und des Innern, sowie Baudirektor Martin Neukom weihen den Neubau ein. «Der Neubau ist gut gelungen», sagt Neukom und lobt den Minergie-Standard.
«Der erste Eindruck ist ein heller, offener Bau», sagt auch Fehr. «Das viele Glas zeigt, dass die Strafverfolgung keine Blackbox ist.» Im Gegenteil: Die neue Bezirksanlage sei ein Bekenntnis zur Transparenz und zur Rechenschaftspflicht. «Bei einem kürzlichen Besuch konnte ich feststellen, dass dank räumlicher Nähe eine vertrauensvolle Zusammenarbeit gelingt.» Während im Innern Offenheit herrsche, biete die Hülle nach aussen die erforderliche Sicherheit.
Laut Baudirektion betrugen die Kosten für die Instandsetzung des Altbaus und der Abbruch des Gefängnisses 22,3 Millionen Franken, die Kosten für den Neubau 88,7 Millionen Franken und diejenigen für den Übertrag des benötigten Grundstücks vom Finanzvermögen in das Verwaltungsvermögen 2,2 Millionen Franken. Die Gesamtkosten beliefen sich auf 113,2 Millionen Franken.
Gefängnisleiterin Karin Eggli war für die Zügelaktion des Gefängnisses am 8. April dieses Jahres verantwortlich. «Innerhalb von zwei Stunden ging der Umzug über die Bühne, die Insassen machten keine Probleme.» Beim Umzug war das ganze Team involviert. Die Leiterin Vollzug Cornelia Rindlisbacher: «Auch wenn wir mit Strafgefangenen zu tun haben, vergessen wir eines nie: «Wir arbeiten immer mit dem Menschen.»
Claudia Naef Binz
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